Sicher, Kinder dürfen nicht alles machen, was sie wollen. Besonders wenn sie klein sind oder gar sehr klein. Doch wie kann ich das den noch ziemlich begriffsstutzigen Hosenscheißern am besten beibringen? Idealerweise lernt das Kind daher schon sehr früh den Umgang mit Warnungen. Die bekommt es später im Leben nämlich eh von allen Seiten täglich ins Hirn gebrannt: „Hör auf mit dem Rauchen, das schadet deiner Gesundheit.“ „Geh nicht zum HSV ins Stadion, da kriegst du nix für dein Geld.“ „Heirate um Gottes Willen nicht diese Tussi, die wird dich nur unglücklich machen.“
Die Frage ist also nun, wie starte ich so ein Lernprogramm?! In der Regel beginnt man als Elternteil erst mal mit einem gepflegten „Du-du“, was den Kleinen soviel wie „Finger weg“ suggerieren soll. Ich selbst habe von meiner Schwägerin schnell das langgezogene „Aaaaaaber“ adaptiert, mit Betonung auf der ersten Silbe. Bei entsprechend sonorer Stimmlage kann das beim Nachwuchs durchaus mal einen kleinen feuchten Pups als unmittelbare Reaktion nach sich ziehen. Dass aber nicht alle Warnungen letzlich auch eine entsprechende Sinnigkeit besitzen und fruchten, zeigen meine Top 5 der sinnlosesten Warnungen und Ratschläge an (Klein-)Kinder:
Nr. 5:
Iss deinen Teller leer, sonst scheint morgen die Sonne nicht!
Alter, das waren noch Zeiten damals in den 80ern. Kennt ihr noch das Piepen nach dem Wetterbericht der Tagesschau? Piep piep piep piiiep piep piep piiiep. Eigentlich durfte ich das in der DDR ja gar nicht sehen, aber die Stasi kann mich jetzt mal dafür. Der Wetterbericht sagte dir damals, dass es regnen könnte am nächsten Tag. Hochdruckgebiete und Tiefs hatten noch keine Namen. Wettervorhersage war wohl eher etwas für Zauberer und Wahrsager. Heutzutage weiß jedes Kind, dass die Wetter.com App das Wetter macht. Für 16 Tage im Voraus sogar, wenn man die Premium-Version erwirbt. Ob der Brokkoli nun unberührt auf dem Teller liegenbleibt oder nicht, interessiert das Wetter.com Team nicht. Das wissen die kleinen Ratten inzwischen.
Nr. 4:
Wenn du jetzt nicht sofort ruhig bist da hinten in deinem Kindersitz, dann dreht Papa um und wir fahren wieder nach Hause und nicht zu Oma und Opa!
Wir sind seit knapp drei Stunden mit dem „Papamobil“ unterwegs. Bei 35 Grad im Schatten. Der Schweiß rinnt in Bächen am Körper hinunter und trifft sich in Ermangelung einer Holzkugel-Sitzauflage auf dem immer feuchter werdenden Sitz direkt unter meinem Hinterteil. Die Klimaanlage bleibt dennoch aus, damit sich die Kinder nicht erkälten. Noch mal: Bei 35 Grad! Seit dem letztem Stau sind wir schon wieder satte drei Minuten lang mit knapp 20 Sachen unterwegs, es geht voran, wir haben sogar schon die Stadtgrenze hinter uns gelassen. Noch 360 km bis zum Ziel. Auf der jetzt beginnenden Autobahn muss es doch leer sein, sage ich. Und auch Google Maps vor dem letzten Funkloch. Das Letzte, was ich jetzt machen werde, ist umkehren. Das weiß auch Mister Neunmalklug vom Rücksitz, nachdem ihn auch die zehnte Wiederholung des Feuerwehrmann Sam-Hörbuches sichtlich unterfordert und er stattdessen die verbleibende Zeit bis zum Ankommen erfragt – wieder und wieder, Minute um Minute. Sichtlich genervt greifen die Eltern zur Ultima Ratio, der finalen Warnung. Diese ringt dem Nachwuchs nur ein müdes Lächeln ab. Nach seinem trockenen Konter: „Dann fahren wir eben morgen noch mal los“, wechsle ich auf die linke Spur und gebe Gas.
Nr. 3:
Wenn dich einer haut, dann sag ihm, dass du das nicht gut fandest, dann macht er das nie wieder.
Alle Hobby-Kinderpsychologen jetzt bitte weghören, oder weglesen: Vermutlich hat noch kein Kind der Welt ein anderes Kind mit ARGUMENTEN überzeugt, es nicht zu hauen. Junge, hau zurück, und am besten dahin, wo die Sonne nie hinscheint.
Nr. 2:
Wenn du dich nicht jeden Tag hübsch machst, kriegst du später keinen Prinzen ab.
Mütter und Väter, die ihre Töchter auf diese Art und Weise zum täglichen Waschen, Fönen, Einsprühen, Anmalen und Tapezieren der eigenen Fassade animieren wollen, haben den Knall noch nicht gehört. Gibt doch Tinder! Da gibt’s viele Prinzen, dazu noch ne Menge Kings und Pappnasen. Viel Spaß beim Schwiegersohn-Suchen.
Nr. 1:
Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst…
Das Alpha-Tier unter den Warnungen, subtil und doch grausam. So banal und doch unheimlich raffiniert die drohenden Konsequenzen als Schreckgespenst offen gelassen. Seit Jahrzehnten das Synonym für elterlichen Machtmissbrauch, Machtdemonstration und Zurschaustellung von Abhängigkeiten. Gegen diese Warnung ist kein Kraut gewachsen. Also an alle 35-Jährigen, die noch bei Mama und Papa wohnen, mein dringlicher Appell: Reisst euch ja zusammen, sonst…
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